
Der Hofberg...
Burghausens Soho
Der Hofberg... steil, schmal, Kopfsteinpflaster, ein Stück Burghausen, das mehr Geschichten trägt, als man es ihm zutraut.
Heute schlendern Spaziergänger hinauf, doch früher war die Gasse das Nadelöhr der Stadt: vor dem Bau des Ludwigsbergs 1836 die einzige Verbindung zwischen Burg und Altstadt.
Salz, Wein, Waffen ... alles rumpelte hier hinauf, begleitet von schwitzenden Pferden und fluchenden Fuhrknechten.
Jahrhunderte später bekam die Gasse einen ganz anderen Ruf.
Unten am Eck, wo Hofberg und Ludwigsberg zusammentreffen, entstand das berüchtigte „Scharfe Eck“.
Offiziell ein Gasthaus, in Wahrheit Burghausens kleines Rotlichtviertel.
Ein Ort, an dem Geschäftsleute plötzlich lange „Bierpausen“ machten, wo sich schillernde Nachtgestalten und halblegale Figuren die Klinke in die Hand gaben.
Die 70er und 80er: Neonlicht flackerte über dem Kopfsteinpflaster, Zigarettenqualm hing schwer in der Luft, Stripshows lockten Schaulustige und Stammgäste gleichermaßen. Das biedere Burghausen hatte plötzlich sein eigenes kleines Soho, nur ein paar Schritte von den ehrwürdigen Burgmauern entfernt. Wer nachts den Hofberg betrat, wusste: Hier konnte man in Geschichten geraten, die man am nächsten Morgen besser nicht weitererzählte.
Dann die 90er: Die Fassade bröckelte. Polizeirazzien rüttelten an der nächtlichen Kulisse, Schlagzeilen über illegale Bordelle, Menschenhandel und handfeste Skandale schwappten durch die Stadt. Burghausen diskutierte hitzig, während draußen die Handschellen klickten und das
„Scharfe Eck“ endgültig in die Schlagzeilen stürzte. Aus der Legende wurde ein Mahnmal... und schließlich Vergangenheit.
Heute? Gibt’s coole Drinks in Mathildas Bar und Tattoos im ersten Stock.
Alles ganz normal und doch: Wer die Gasse kennt, weiß, dass unter dem Pflaster noch immer die alten Geschichten brodeln.
Von Salz und Schweiß, von Glanz und Sünde, von einem Eckhaus, das Burghausen jahrzehntelang heimlich in Atem hielt.
Der Hofberg, eine Gasse, die zeigt, dass Geschichte nicht nur in Museen lebt, sondern in Mauern, Gerüchten und manchmal in der Tinte unter deiner Haut.
